Presseerklärung zum Parteiwechsel des Herrn Nilson

Die Gründe des notwendigen Parteiwechsels unseres HJ Nilson aus dem Prenzlauer Berg, von den Bündnis90/Die Grünen zur SPD, können Sie der folgenden Presseerklärung entnehmen:

Ich, HJ Nilson geliebt vom Volk und völlig unterforderter aber unfehlbarer Anführer will ein starkes gutverdienendes und wenn es sein muss auch ein klein wenig demokratisch aussehendes Pankow/Prenzlauer Berg aber ohne Ossis, Künstler, Studenten und andere Wenigverdiener! Jetzt als Neu-Sozialist und überzeugter Pankower werde ich künftig in und mit der SPD für ein Pankow/Prenzlauer Berg streiten, das nur für seine Schwaben und anderen gutverdienenden Immigranten da ist.

Aber nur wenn ich der Bürgermeister sein darf!

Bald endet das Mandat des Bezirksbürgermeisters für Pankow/Prenzlauer Berg und ich will doch so gerne Bürgermeister spielen. Entsprechend der früheren Erwartung grüner Wählerinnen und Wähler und aus „tiefster persönlicher Überzeugung“ 😉 habe ich mich viele Jahre für soziale und demokratische Fortschritte und der vollständigen Gentrifizierung in Prenzlauer Berg engagiert. Trotzdem hat es bei mir unter den 90 Bündnisgrünen nur für einen popligen Stellvertreterposten eines Bezirksbürgermeisters gereicht. Daher wage ich jetzt folgerichtig den Schritt zu und mit einem potenteren Partner, der mich auch auf die mir zustehenden höheren Posten heben kann. Spätere Ziele sind dann das Berliner Abgeordnetenhaus, der Bundestag und dann Präsident (egal von was), und natürlich die entsprechenden Einträge in den Geschichtsbüchern über mich, den geliebten unfehlbaren Anführer HJ Nilson.

Mein politisches Leben ist seit über 25 Jahren eng mit dem Prenzlauer Berg, wo mich alle lieben und mich jeder Herr Nilson nennt, verbunden. Da sagte ich mir: „Es genügt nicht nur unfähig zu sein, man muss auch in die Politik gehen.“ Es begann 1990 in der BVV Prenzlauer Berg damals noch Parteilos. Damit konnte man aber nichts verdiene und arbeiten und Politik, nein danke! Dann eben zu den Linken, die so aussahen als ob sie was schaffen könnten und das SED Vermögen muss ja auch noch irgendwo sein. Ich merkte aber schnell, dass ich mit den Linken auf das falsche Pferd gesetzt hatte, die wollten ja wirklich nur für die Leute da sein. Also weiter, FDP machte hier keinen Sinn, da boten sich die Grünen als stärkere Partner an und von 2001 an war ich, der geliebte HJ Nilson, dann als grüner Vorsteher der BVV Pankow und in der VI. Wahlperiode Bezirksstadtrat für Öffentliche Ordnung. Im neuen Bezirksamt leitete ich jetzt aber doch nur die kleine Popel-Abteilung für Stadtentwicklung.

Denn trotz intensiven Rechnens schafften es die Grünen nicht das Wahlergebnis zu korrigieren und mir einen angemessenen Posten zu verschaffen. Das lag auch daran, dass nur 58% der undankbaren Pankower sich an der Wahl beteiligten. Die Grünen haben von den 58% auch nur 21% abbekommen. Wenn wir also von ALLEN Wahlberechtigten ausgehen haben nur 12%, also fast 88% aller Pankower NICHT grün gewählt. Wenn das kein Grund gewesen wäre, schon damals die Partei zu wechseln weiß ich auch nicht. Aber ich habe selbstlos meine Fahne in die grüne Richtung gehängt und nicht ohne Stolz kann ich heute auf konkrete Arbeitsergebnisse zurückblicken, die dazu führten das die undankbaren übriggebliebenen Pankower ihren Stadtbezirk nicht mehr wiedererkennen.

Ich habe der Welt gezeigt wie man hier die ungeliebten Strukturen der Bevölkerung eines Bezirkes unter absoluter Missachtung von Recht und Gesetz mit einfachsten Mitteln der Gewaltandrohung durch das Finanzamt vertreiben oder, besser noch, beseitigen kann. Jegliches Ignorieren von Hilfeersuchen aus diesen falschen Schichten der Bevölkerung, die es auch noch wagen in potentielle Luxuswohnungen zu wohnen, und das wiederholte Ausstellen von gesetzeswidrigen Rechnungen und deren radikale Eintreibung durch das Reichsamt, ähh nein, Rechtsamt haben dazu geführt das hier die entsprechenden Bevölkerungsstrukturen durch willfähriges Volk ersetzt werden konnte. (PS: Die Autokorrektur macht immer aus „Rechtsamt“ das „Reichsamt“ Fehler? Oder wissen die mehr?) Auch freue ich mich darüber, dass mein langjähriges Wirken für die Integration von Schwaben, Spanier und andere nicht deutsch sprechenden Immigranten über Parteigrenzen hinweg Anerkennung gefunden hat und nun auch in Kreuzberg und anderen Stadtbezirken angewandt wird. Jetzt sind neun von zehn Leuten der derzeitigen Bevölkerung saublöde und jeder denkt er ist der Zehnte. So macht regieren Spaß! Also, fragen sie nicht mich was ich für Berlin tun kann, fragen Sie lieber was Berlin mir schuldet und für mich tun muss!

Ich, der von allen geliebter HJ Nilson, jetzt ein Sozialist und überzeugter [Pankower] (Platzhalter kann durch entsprechende Ortsnamen ersetzt werden) will aber nicht länger für meine politische Geisterfahrt in Haftung genommen werden, deshalb wechsle ich mal wieder die Seiten. Die Bündnisgrünen haben leider nicht begriffen, dass ich das Beste war, was ihnen und Pankow/Prenzlauer Berg zustoßen konnte und haben es als politische Kräfte über Jahrzehnte hinweg gewagt ihre eigenen Vorstellungen zum alleinigen Maß aller Dinge zu erheben.

Mit Verbalradikalismus und Fundamentalopposition sind die kulturelle Hegemonie des Neoliberalismus und der Marktradikalismus im Bezirk Pankow nicht zu brechen und die Herausforderungen der fast vollendeten Gentrifizierung des Bezirkes nicht zu bewältigen. [die Speichellecker aus dem Rechtsamt sagte ich solle mal ein paar kompliziert klingende Worte einbauen, damit auch die angeblichen Intellektuellen mal nicken können.]

Dabei ist es ganz einfach und bedarf in Pankow nur meiner glaubwürdigen und unfehlbaren Konzepte, die von meinem Bild der Lebenswirklichkeit ausgehen, nichts mit den geltenden Gesetzen zu tun haben und auf Gestaltung der Gesellschaft in meinem Sinne und nicht etwa die der breiten demokratische Mehrheiten setzen. In diesem Sinne war ich, HJ Nilson Gebieter über Recht und Ordnung, erst als Parteiloser, später als Linker und dann als Bündnisgrüner stets bemüht dem Bezirksamt mein klares Profil aufzuzwingen. Nunmehr stelle ich fest, dass ich damit komplett gescheitert bin. Die Grünen sind auch nur noch Ex-Revoluzzer, die ihre Ideale eingetauscht haben gegen Dienstfahrzeug und Pensionsanspruch. Deshalb habe ich Bündnis90/Die Grünen verlassen und erwarte nun durch die SPD endlich den mir zustehenden Platz auf dieser Welt zu bekommen.

Ich bin davon überzeugt, dass es einer gestärkten [Sozialdemokratie] (Platzhalter bei Bedarf durch Parteinamen ersetzen, oder durch das Wort „Politik“ als Standard-Plattitüde definieren) bedarf, um die politische Achse in Pankow/Prenzlauer Berg in meine Richtung zu verschieben und somit auch die letzten Ureinwohner an den Rand der Stadt zu verdrängen und mir meinen Platz in der Geschichte zu sichern. Mit ihrem Bemühen mir den Bezirksbürgermeisterposten als Sprungbrett für meine große Karriere zuzuschanzen hat die SPD ein überzeugendes Programm für die Bezirkswahlen. Das werde ich gerne unterstützen.

Euer geliebter und verehrter Anführer HJ Nilson (derzeit noch im Exil als Bezirksstadtrat und Stellvertretender Grüßaugust)

Wir wünschen unserem geliebten Anführer ganz viel Glück auf seinem weiteren steilen Weg nach oben und das er nicht am eigenen Ersprochenen erstickt Aber wenn es nicht gleich klappt, wir haben ja noch die CDU in Wartestellung und notfalls kann man ja auch mal über eine neue Partei, die HJN(ilson) nachdenken.

Satire

Zusatz, weil es ja in der BRiD keine Zensur gibt: Diese fiktive Satire beruht (leider) auf wahren Grundlagen, da aber die eventuell betroffene, natürlich rein fiktive Person intelligentere Hilfskräfte beschäftigt oder kennen könnte, sehe ich mich hier gezwungen Heinrich Böll zu zitieren:
„Personen und Handlung dieser Erzählung sind frei erfunden. Sollten sich bei der Schilderung gewisser journalistischer Praktiken Ähnlichkeiten mit den Praktiken der >Bild<-Zeitung ergeben haben, so sind diese Ähnlichkeiten weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.“ aus: Die verlorene Ehre der Katharina Blum (Heinrich Böll)

 

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